Nicht ganz 8,5 Stunden benötigt die neue, hochmoderne Boeing 777-300 der Aeroflot für die knapp 7000 Inlandskilometer von Moskau nach Petropavlovsk, der Hauptstadt von Kamtschatka, Land der Vulkane. Der längste kontinentale Inlandsflug der Welt! Ein höchst angenehmer Flug, findet auch Wolfgang, der immerhin über zwei Jahrzehnte als Sales Manager verschiedener Airlines tätig war. Zudem haben wir die Comfort (Zwischen) Klasse gebucht und genießen neben freundlichem Service mit erfreulichen Getränken auch die geräumigen Sitze und das neueste Entertainment-System.
Beim Landeanflug begrüßt uns links bereits einer der rund 160 Vulkankegel der fernöstlichen Halbinsel aus „Feuer und Eis“. Von den 29 tätigen habe ich mir einen der hyperaktivsten, den Mutnovsky, ausgewählt. In zwei Tagen wollen wir seinen Krater erforschen.
„Höllental der Genesis“
So nannte der süddeutsche Arzt und Naturforscher Georg Wilhelm Steller die Feuerberge Kamtschatkas. Er erforschte zusammen mit Vitus Bering im 18.Jahrhundert den Nordpazifik, betrat als erster Europäer Alaska. Als „Höllisches Paradies“ wurde Kamtschatka erst unlängst in einer Doku des Südwestdeutschen Rundfunks bezeichnet. Was sehr passend ist: Kamtschatka liegt am pazifischen Feuerring, jährlich schiebt sich die Pazifikplatte um fünf bis zehn Zentimeter unter den eurasischen Kontinent und sorgt nicht nur unten bei Luzifer, sondern auch an der Oberfläche für Unruhe, für Feuer und Asche. Die fernöstliche Halbinsel ist aber auch ein sibirischer Garten Eden mit einer unvergleichlichen Vielfalt an Fauna und Flora. Viele Jahrzehnte unberührt, unerforscht, unbesucht, seit 1996 von der UNESCO als Weltnaturerbe geschützt. Nur langsam wächst das Interesse an Kamtschatka (in Russland selbst und international), vor allem bei Naturforschern, (Vulkan)Geologen, Ethnologen, aber auch bei uns touristisch Interessierten (inklusive Bären-, Wal- und Vogelbeobachtern, Thermalquellenbadenden, Riverraftenden, Kratertrekkern, Hundeschlittenführern, Snowmobil-Drivern, Freunde des Heli-Schifoarn und Schiffskreuzfahrtslandausflüglern). Nun kommt 2018, brandneu und exklusiv, eine neue Gruppe hinzu: Nordost-Passagepassagiere.
Der Flughafen ist sehr überschaubar, es begrüßt uns Grigory. Seinen Vornamen gab ihm seine Mutter, die ein Fan von Gregory Peck war. Wir stoppen am nahen Fischmarkt von Elisovo und testen, obwohl von Aeroflot verwöhnt, gleich einmal den (sehr günstigen) Kaviar der verschiedenen Lachssorten. Vom Keta (Hundslachs) bis zum Nerka (Rotlachs, Sockeye). Auf die schmackhafte Kamtschatka-Krabbe verzichten wir. Noch.
Plus 10 Stunden beträgt die Zeitdifferenz zu Österreich (bei unserer Passage nähern wir uns natürlich geruhsamer, haben kürzere Etappen und mehr Zeit zur Akklimatisation). Doch trotzdem sind wir hellwach, aufgeregt, freuen uns auf die nächsten Tage. Relaxen einmal in unserem Vertragshotel, dem Bel Kam Tur im kleinen Ort Paratunka, eine Stunde von der Hauptstadt entfernt. Genießen ein Bad in den Außenpools bei angenehmem 37 Grad warmen Thermalwasser. Abends beginnt bereits die harte Inspektionsarbeit: wir testen das Getränke- und Speiseangebot des Hotelrestaurants. Ausschließlich zum Wohle unserer zukünftigen Passage-Reisenden.